#wirsindmehr - Zwischen Party und Protest 🔥

Warum in Überzahl zu spielen nicht mehr ausreicht.
Style Against Idiots - About Us

Von Thomsen

#wirsindmehr
Schon beim ersten Auftauchen dieses Hashtags hatte ich ein mulmiges Gefühl.

Endlich ein Leuchtfeuer. Endlich Mobilisierung. Endlich Aktion. 🔥

Mir gefiel die Symbolik der gleichnahmigen Veranstaltung. Trotzdem fehlte es da an etwas. Eine Brise Militanz? Der Schneid, die Wucht?

Klar, #fcknzs ist Konsens und wurde von der True Rebel GmbH als Bild-& Wortmarke geschützt. „Nazis boxen“ klingt da schon frecher, wird aber auch schon von der o.g. Firma monetarisiert.

„Wir sind mehr!“ Lautete also das Motto. Vor mir sah ich bunte, selbstgemalte Buchstaben. Sauber ausgeschnitten und von der Klasse 9a mit Klebestift auf ein großes Wandbild tapeziert.
Darunter, sorgfältig herausgesuchte Zeitungsartikel. Und da wurde mir klar, woran ich mich bei dieser Formulierung störte: Die Passivität dieses Ausspruches.

FCK NZS - Mittlerweile eine Wort-& Bildmarke

In der Überzahl. Ist das ein Vorteil?

Stephan Conrad vom Treibhaus e.V. hat ein bisschen Recht, wenn er die Veranstaltung in Chemnitz mit einem Volksfest vergleicht. Zu sehen gab es das Abfeiern unseres mitte-linken Mobilisierungspotentials, inklusive Bengalos und Glitzi auf Mädchenwangen.

Noch am Veranstaltungsabend fragte ich mich: „Wieviele Leute wären gekommen, wenn Dietmar Bartsch oder Jürgen Kasek dazu aufgerufen hätten? Bin ich etwa weniger links, nur weil ich das Spektakel als ein Popkonzert mit Attitüde empfinde? Oder bin ich einfach nur der Links/Rechts-Thematik müde und demnach nicht besonders emphatisch?“
Es ging dann aber doch noch gut aus. 65.000 Menschen bekamen ihren Arsch hoch und machten sich auf den Weg in eine gespaltene Stadt. Eine beachtliche Masse.


Und darum ging es letzendlich: So schnell wie möglich, so viele Leute wie möglich zu rekrutieren, um das #wirsindmehr zu bestätigen. Schwanzvergleich, eben.
Das Konfetti war noch nicht weggeräumt, schon sickerten die Infos über die nächste Demonstration durch. Der rechts-nationale Mob macht unbeeindruckt weiter.

Wer in einer Demokratie die Mehrheit stellt, dem pinkelt so schnell keiner an den Stuhl. In der Mehrzahl zu sein, bedeutet Sicherheit für den Einzelnen. Solange wir mehr sind, ist alles gut. Alles gemütlich. Trotzdem reiben wir uns stetig die Augen und stellen fest, nicht die Mehrheit dominiert die Medienwelt, sondern der totale Irrsinn. Negativismus, wohin man schaut.

„Kein Fussbreit den Faschisten“ hat längst ausgedient. […]
„Kein Traffic den Faschisten!“ müsste es heißen.

Wie kommt das?

Seit die Rechte im Tagestakt Demonstrationen anmeldet und ihre Positionen äußert, (so irre sie auch sind) hält sie damit den Taktstock in der Hand. Die Linke sieht zu, wie Gruppen von Nazis, Pegidia-Idioten, AfD’ler und Hooligans, den gesellschaftlichen Diskurs antreiben. Dies schaffen sie einzig und allein, in dem sie präsent sind. Noch mehr vereinfacht: Sie kommunizieren ihre Ideen und Lösungen. In unzähligen Aktionen. Nicht nur das. Sie bestimmen die Tonalität und prägen neue Reizwörter.
Damit geben sie der Berichterstattung Futter.

„Kein Fussbreit den Faschisten!“ Hat längst ausgedient. Es geht nicht mehr nur um Boden. Es geht um Deutungshoheit und Reichweite auf sämtlichen social Media Kanälen.
„Kein Traffic den Faschisten!“ müsste es heißen.
Derweil hechelt die Linke den Geschehnissen hinterher und bekommt ihr Mobilisierungspotential einfach nicht ausgespielt.

Lieber Schlaumeier, was nun?

Ich möchte keinesfalls das Engagement in Chemnitz dissen, sondern dich zum Nachdenken zwingen. Denn wenn vulgäre Meckerei ausreicht, um in den Medien wahrgenommen zu werden:

  • Warum hört man unser Meckern über absaufende Flüchtlinge und diktatorische Systeme in Osteuropa nicht?
  • Warum erklärt niemand den Wählern, dass die Alternative für Deutschland keinen Plan zur Verbesserung der Arbeitnehmerrechte hat?
  • Warum reagieren wir immer auf den rechten Diskurs, anstatt deren Themen von vornehinein zu besetzen und konstruktiv zu behandeln?

Einen Versuch ist es wert.

Nicht jede(r) von uns muss als Sozialarbeiter(in) tätig werden. Nicht jede(r) kann Statistiken zur Migration auswendig lernen.
Es gilt den Fokus wieder gerade zu rücken. Weg von den AfD Reizthemen.

Unfollow! Werde deine Filter-Blase los, indem du die Anzahl der Accounts reduzierst, denen du folgst. Du bist kein schlechterer Mensch, wenn du nicht sämtlichen Antifa-Info Gruppen folgst. Die meisten duplizieren lediglich ihre Inhalte.

Ohren auf: Höre Podcasts zu sozialpolitischen Themen.

Raus aus Instagram: Verwandle deine Onlinezeit in etwas produktives. Belies dich zu Fragen des aktuellen, politischen Geschehens.

Auch du hast Reichweite: Trau dich ernsthafte Texte zu verfassen. Social Media besteht nicht nur aus Gifs.

Liefere Inhalte: Schreibe einen Blog-Text über Themen, die du zuletzt gelesen hast. Du kannst auch mit deinen Freunden diskutieren.

Dein Umfeld: Sprich mit deinen Eltern und Verwandten darüber, was sie täglich auf FB sehen und kläre sie über Filter-Blasen auf.

Und zu guter Letzt:
Kein Sex mit Nazis.

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